Wir möchten mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
unseren deutlichen Unmut zur Verschiebung der Entfristungsregel im Berliner Hochschulgesetz teilen, denn gute Arbeit in der Wissenschaft sieht anders aus!
Am 29.06.23 hat das Berliner Abgeordnetenhaus auf Initiative der Fraktionen der CDU und SPD das Sechzehnte Gesetz zur Änderung des Berliner Hochschulgesetztes im Schnelldurchlauf beschlossen.
Durch die Änderung ist § 110 Absatz 6 Satz 2 BerlHG erst ab dem 1. April 2025 anzuwenden. Dieser sieht angemessene Anschlusszusagen für befristete promovierte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor, wenn im Arbeitsvertrag benannte Qualifikationsziele erreicht werden.
Außerdem sind die Hochschulen nun erst bis zum 31. März 2025 verpflichtet, Grundsätze für die Personalauswahl sowie zur Bestimmung und Feststellung der Erfüllung der Qualifikationsziele durch Satzungen zu regeln.
Ursprünglich sollte die Entfristungsregelung des Berliner Hochschulgesetzes 2021 – und nach einer Verschiebung ab Oktober 2023 – in Kraft treten. Mit der jetzt beschlossenen erneuten Verschiebung verhindern CDU und SPD, dass die Berliner Unis noch dieses Jahr Anschlusszusagen für Entfristungen bei Post-Docs machen. Hochqualifizierte Beschäftigte, die nach ihrem Studium auch die Promotion abgeschlossen haben, sollen weiterhin vertröstet werden.
Die erneute Verlängerung der Übergangsfrist wurde technokratisch damit begründet, erst einmal abwarten zu wollen, was der Bund mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz macht. Wir fürchten, bis 2025 wird sich wohl ein nächster Vorwand finden, warum es dann wieder nicht klappt mit der Umsetzung von fairer Arbeit in der Wissenschaft.
Über 90 % der Beschäftigten im wissenschaftlichen Mittelbau sind befristet angestellt, davon zu einem mehrheitlichen Teil mit einer Vertragslaufzeit von unter einem Jahr. Die Folgen dieser Befristungspraxis sind immer wieder thematisiert, problematisiert und skandalisiert worden. Die Konsequenzen für Forschung, individuelle Lebenswege und –planungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und auch für die Hochschuldemokratie sind hinlänglich bekannt. So entsteht leider der Eindruck, dass CDU und SPD all das nicht als Probleme sehen.
Es ist Zeit: Wir fordern Mut für einen Strukturwandel, Beschäftigungsperspektiven für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Dauerstellen für Daueraufgaben. Wir fordern faire Arbeit in der Wissenschaft!
So könnte es gehen: die Hochschulvertragsverhandlungen stehen an - eine Chance und Möglichkeit, in diesem Rahmen weiter an der Umsetzung einer (neuen und nachvollziehbaren) Entfristungsquote zu arbeiten, freiwillig Dauerstellen einzurichten … denn Vorbereitungen und Überlegungen gibt es dazu an den Berliner Hochschulen, ausgelöst durch das novellierte Berliner Hochschulgesetz.
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