50 Teilnehmende, pädagogische Fachkräfte aus allen fünf Kita-Eigenbetrieben, Vertreter*innen des Berliner Kitabündnisses und des Caritasverbandes, Leitungen weiterer Träger und Erzieher*innen aus der Grundschule nahmen am 20.09.2023 an der Veranstaltung zum Weltkindertag zur Zukunft der Berliner Kindertagesstätten teil. Auf dem Podium saßen der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Roman Simon und die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen Marianne Burkert-Eulitz. Die SPD hatte wegen der aktuellen Haushaltsdebatten und Die Linke aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig abgesagt. ver.di wurde auf dem Podium von der Kita-Leitung Martina Breitmann, der pädagogischen Fachkraft Martin Fischer und der Gewerkschaftssekretärin Tina Böhmer vertreten. Das Publikum wurde per Mentimeter, Karten und mündlichen Statements an allen Themenblöcken intensiv beteiligt.
Inhaltlich wurden im ersten Block die Vorstellungen zur „idealen Kita“ ausgetauscht – was würde diese charakterisieren? Hier zeigte sich deutlich, dass in der Perspektive der Politik die Beschäftigten und deren Arbeitsbedingungen kaum vorkommen.
Deren Arbeitsbedingungen so zeigte der zweite Block im Realitätscheck, sind jedoch ausschlaggebend für das Wohlbefinden der Kinder und deren Bildung, Erziehung und Betreuung. Pädagogische Fachkräfte schilderten eindrucksvoll, wie wenig Platz Kinder aktuell im Innenbereich haben und was das für diese bedeutet, wie der Fachkräftemangel sich auf die pädagogischen Fachkräfte auswirkt: Aufgrund von Überlastung steigen Fälle von Kindeswohlgefährdungen, es existiert eine hohe Burn-Out-Quote, viele Kolleg*innen verlassen das Berufsfeld und auch Kolleg*innen, die gerade erst ausgebildet wurden, kündigen, da sie die Diskrepanz zwischen Ausbildungsinhalten und der Realität nicht ertragen können. Motto: Wir verwahren nur noch, können aber nicht mehr gemäß dem pädagogischen Anspruch bilden, betreuen und erziehen; was heißt das für die Gesellschaft? Viele Kolleg*innen aus dem Publikum ergänzten mit eigenen, teils sehr emotionalen Beiträgen.
Im letzten Block stellten die Politiker*innen ihre Vorstellungen zur Lösung der Lücke zwischen idealer Kita und der Realität vor. Sie verwiesen auf Verbesserungen, die es seit 2011 gegeben habe wie Verbesserung des Personalschlüssels oder Möglichkeiten der Hinzuziehung von Verwaltungskräften zur Entlastung der Kita-Leitungen. ver.di-Vertreter*innen auf dem Podium sowie erneut sehr emotionale Beiträge aus dem Publikum machten deutlich, dass diese Verbesserungen aufgrund der drastischen Veränderung der Gesellschaft der unmittelbar zurückliegenden Jahre längst überholt sind und die Entwicklungen längst nicht mehr ausgleichen können: Zu diesen Herausforderungen zählt u.a. das Auseinanderdriften im sozialen Bereich mit allen Folgen für Eltern und dann auch für die Kinder, Zuzug vieler Geflüchteter mit traumatisierten Kindern sowie die Folgen der Corona-Zeit. Von Verbesserungen sei in der Praxis nichts zu spüren, im Gegenteil: Der Kollaps des Systems sei da, es könne keine Gießkannenpolitik mehr geben: es brauche eine Trendwende im Bereich frühkindlicher Bildung und ihrer Unterstützungssysteme. Es brauche unbedingt mehr Fachkräfte und Arbeitsbedingungen, die pädagogische Arbeit ermöglichten, sowie den Beruf für nachfolgende Kräfte attraktiv macht.
Die Politik versprach, dieses mitzunehmen und forderte ver.di auf, unbequem zu sein und mit ihrer Stimme mit zu helfen, der Politik auf die Sprünge zu helfen. Dies wurde vom Publikum bestätigt: ver.di müsse auf die Straße, laut sein, den Finger in die Wunde legen. Tina Böhmer verwies abschließend darauf, dass ver.di so stark sei, wie pädagogische Fachkräfte in ver.di organisiert sind und aktiv mitmachen, und forderte die Anwesenden auf, im Rahmen der anstehenden Tarifrunde der Länder mitzustreiken und neben den Tarifforderungen gemeinsam mit ver.di auch die Rahmenbedingungen der Arbeit in Form einer kollektiven Gefährdungsanzeige zum Thema zu machen.
ver.di wird in Kürze einen Mitschnitt der Veranstaltung online stellen.